Es wäre schade, am südwestlichen Rand des Städtchens Aukštadvaris am linken Ufer der Verknė nicht anzuhalten. Eine Besichtigung wert sind hier der Burghügel Aukštadvaris, dessen Hänge bis zu 9-15 Meter hoch reichen, und die am Fuß des Hügels gelegene Siedlung. Folgen Sie dem Weg der alten Bäume in südöstlicher Richtung des Pilaitė-Sees.
Im Ort Aukštadvaris lebten die Menschen schon vor 4000-5000 Jahren. Davon deuten Steinäxte und ähnliche Erzeugnisse aus Feuerstein, die man am Ufer des Sees findet. Die Vergangenheit der Siedlung ist unmittelbar mit dem Burghügel am linken Ufer der Verknė verbunden. Die archäologischen Funde zeugen davon, dass die Menschen sich hier schon im 2.-1. Jh. v. Chr. angesiedelt haben. Fünf- oder siebenhundert Jahre lang lebten die Menschen an diesem Hügel. Im 5. Jh. wurden in der Nähe des Burghügels die ersten Gehöfte erbaut. So entstand im 6.-8. Jh. unweit des Burghügels die ganze Siedlung mit relativ großzügig voneinander entfernt errichteten Gehöften, die ein verstreutes Dorf bildeten. Es wird angenommen, dass zu der Zeit dank der Verknė und der Memel, in die die Verknė mündet, einer der wichtigsten Flusswege an dem Hügel vorbeiführte. Dies ermöglichte die schnelle Entwicklung der Siedlung.
Im 11.-12. Jh. wurde auf dem Hügel eine massive Holzburg errichtet, und am Fuß des Hügels entwickelte sich auf einer Fläche von 2 ha eine große Siedlung. Es wird angenommen, dass in dieser Zeit die Burg schon einen Besitzer hatte, der für die verschiedenen Handwerker sorgte.
1381 erwähnte Wigand von Marburg, Herold und Chronist des Deutschen Ordens, die Gegend unter dem Namen Nawenpill. Manche Historiker denken, dass die Deutschen Aukštadvaris, d.h. die Burg Narva, so genannt haben. Die Version existiert in der historischen Literatur.
Detailliertere Informationen über Aukštadvaris sind aus dem 15. Jahrhundert bekannt. Zu dieser Zeit gehörte das Landgut Aukštadvaris den Großfürsten Litauens. Es wird angenommen, dass vom Namen des Landgutes, das auf dem hohen Burghügel stand, der Name der Siedlung stammt. Im Buch der litauischen Metriken für die Jahre 1440-1498 ist verzeichnet, dass „der Herrscher Jonas aus Aukštadvaris zwei Menschen zum Geschenk macht“. Dies ist möglicherweise die älteste Erwähnung von Aukštadvaris in schriftlichen Quellen. Leider gibt es in dieser Aufzeichnung weder den Namen des Herrschers, noch ein Datum. Der nächste Eintrag ist mit 1446 datiert. Dies ist der Beginn der Herrschaft von Kazimieras Jogailaitis. Man kann nicht behaupten, dass der Eintrag über Aukštadvaris aus demselben Jahr stammen. Er kann auch später vorgenommen worden sein.
In einer anderen Quelle findet man noch eine, viel genauere Erwähnung von Aukštadvaris. In einem Eintrag vom 7. März 1452 wird vom unkultivierten Land Pergail gesprochen, das an Senkus weitergegeben wird. Gäbe es keine früheren exakten Erwähnungen des Landgutes und der Siedlung, könnte man den 7. März 1452 als Geburtstag von Aukštadvaris ansehen.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gehörte Aukštadvaris dem Fürsten Andrius Dorogobuiskis, später wurde es an Goštautas übergeben.
Der Beginn des 16. Jahrhunderts verlief für das Großfürstentum Litauen dramatisch. 1507 begann der Krieg mit Moskau, dessen Herrscher Wassili III. einige Städte es Großfürstentums übernahm und auf Smolensk vorrückte. Der Moskauer Herrscher verkündete, dass er die unterdrückten Orthodoxen befreien wolle. Bogdan Sapiega war zu dieser Zeit der Statthalter von Aukštadvaris. Er begab sich zusammen mit dem Statthalter von Skirsnemunė, Petras Aleknavičius, als Bote nach Moskau und wurde dort festgenommen, obwohl er Schutzbriefe von Wassili III. mit sich führte. Der Herrscher des Litauischen Großfürstentums, Sigismund der Alte, nahm sich des Schicksals der Boten an und rettete beide vor der Gefangenschaft in Moskau.
Am 29. Mai 1511 gewährte Sigismund der Alte Jokūbas Kuncevičius für seinen treuen Dienst das Privileg und Menschen in verschiedenen Bezirken, einschließlich Aukštadvaris. Dieses Dokument ist insofern interessant, da es die Menschen auflistet, die im 16. Jh. in Aukštadvaris und Umgebung lebten. J. Kuncevičius erhielt Bedienstete zum Geschenk.
Da sich das Städtchen um das hoch auf dem Hügel gelegene Landhaus der Fürsten entwickelte, begann man es Aukštadvarys (oder Aukštdvarys) zu nennen, was „hohes Landgut“ bedeutet. In lateinischen Quellen des 18. Jh. nannte man Aukštadvaris Alta Aula.
Steht man auf dem Hügel, lohnt sich das Zuhören. Die Tochter des Burgherren beschloss eines Tages mit der Kutsche zu fahren. Sie verließ die Burg in einer prachtvollen Kutsche mit vier Pferden. In der Kutsche befanden sich eine Truhe voller Geld und ein Welpe. Auf dem Weg den Burgberg hinab bekamen die Pferde Angst und zogen die Kutsche mit der Prinzessin direkt in den See, wo die ganze Besatzung ertrank. Obwohl der Vater lange nach seiner Tochter gesucht hat, war alles umsonst. Später sahen die Einheimischen des Öfteren, besonders vor dem Sonnenuntergang, im See eine schöne Truhe schwimmen, auf der ein kleiner Welpe hockte. Nach dieser Sinnestäuschung war der See wieder ruhig. Ob man an diese Legende glaubt oder nicht, ist jedermanns Wahl.
Während der Forschungsausgrabungen des Hügels 1957-1960 wurden die Überreste einer alten Siedlung, eine Juwelierwerkstatt, Schmuck, Teile von Metallschmelzöfen, Pfeile und Speerspitzen gefunden.
Die Menschen ließen sich hier im 2.-1. Jahrhundert v. Chr. nieder. In der Frühesten Phase der Entstehung des Hügels war der Platz etwa um ein Drittel kleiner und von einer 2 Meter breiten hölzernen Verteidigungsmauer umgeben, in deren Inneren sich rechteckige Gebäude mit Säulen befanden. An der Stelle wurden Steinäxte, Knochenahlen, Stopfnadeln, Keramik und Tierknochen gefunden. Nach ihnen wurde die Besiedlung des Burgbergs datiert.
In der späteren Phase (erste Jahrhunderte n. Chr.) entstand am Rande des Platzes ein langes Säulengebäude, das aus mehreren 3 Meter langen Räumlichkeiten bestand. An der Stelle hat man Messingschmuck, Tongewichte, Strich-, aufgeraute und polierte Keramik und verkohltes Getreide gefunden. Es gab einen großen Hof auf dem Platz. Im 4.-5. Jh. hat man an den Rändern des Platzes einen Wall aufgeschüttet, auf dem eine 2 m breite hölzerne Verteidigungsmauer errichtet wurde. Diese Befestigungen wurden besetzt, als sie von Bogenschützen beschossen wurden (man hat 35 eiserne Pfeilspitzen gefunden).
Im 14. Jh. wurde der Hügel stark umgebaut: der Platz wurde durch zusätzlich herbeigeschafftes Erdreich an den Hängen erweitert, an den Rändern wurde ein 15 m breiter Wall und am Fuße ein 6 m breiter und 2,5 m tiefer Graben angelegt. Auf dem Wall wurde eine 4 m breite hölzerne Verteidigungsmauer gebaut, innen – bis 4×4 m große Holzbauten. Ein Teil davon war zum Wohnen geeignet. An dieser Stelle wurden die eisernen Armbrust-Pfeilspitzen, Messer, Ahle, Haken, Feuerschlageisen, ein Schlüssel, eine Messingbrosche und andere Fragmente verschiedener Handwerke, Keramik und verkohlte Getreidekörner gefunden.
In der Zeit stand auf dem Burghügel die Burg Navinpilis, die von den Kreuzrittern am 14. Februar 1381 mit Kanonen angegriffen wurde. Die Burg wurde niedergebrannt, aber bald wieder von den Litauern aufgebaut, denn 1382 (und auch 1384) findet ihr Name wieder in historischen Quellen Erwähnung. Letztendlich verlor die Burg ihre Verteidigungsfunktion und fiel den Flammen zum Opfer. Im 16. – 17. Jh. stand auf dem Burghügel das aus Holz gebaute Landgut eines Großfürsten. Das bestätigen die Funde und die Überreste der Bauten aus der Zeit. Obwohl diese Gebäude nicht mehr existieren, kann man doch die Erhabenheit der vergangenen Jahrhunderte spüren, wenn man auf dem Hügel steht.