Die Geschichte des Gutshofes Plateliai geht auf das 17. Jh. zurück, und die heutige Struktur des Gutshofes hat sich Ende des 17.–18. Jh. herausgebildet. Das Gebäude gehörte den Franzosen, das Städtchen Plateliai zusammen mit dem Gutshof ging in den Privatbesitz der französischen Grafenfamilie Choiseul-Gouffier über und gehörte ihnen bis 1940.

Beschreibung

Der Gutshof Plateliai wird seit der Mitte des 15. Jh. in schriftlichen Quellen erwähnt. Damals wurde er von litauischen Statthaltern verwaltet. Später gehörte der Gutshof den Herrschern Litauens. 1529 hat der Älteste von Niederlitauen, Stanislovas Kęsgaila, ihn an Sigismund Augustus übergeben, der  dem Gutshof später an seine Mutter Bona Sforza übergab. Ende des 16. Jh. gehörten das gesamte Städtchen Plateliai und 18 Dörfer zum Grundbesitz des Gutshofes. Er wurde von Vaitiekus Stabarauskas verwaltet, später von Jeronimas Valavičius, Notar des Großfürstentums, und dem niederlitauischen Richter Andrius Valavičius.

Nach der Teilung des Großfürstentums Litauen im Jahre 1795 gehörte Plateliai zu Russland. 1797 hat Zar Paul I. den Gutshof Plateliai und die Umgebung dem französischen Grafen und Oberst der russischen Armee Augustus Choiseul de Gouffier, einem Nachkommen der jüngeren Linie des Herzogs Choiseul-Gouffier und des Ministers von König Ludwig XIV, übergeben. Das Geschenk wurde 1801 von Alexander I. bestätigt. Aus den Dokumenten, die im Museum „Alka“ in Telšiai aufbewahrt werden, geht hervor, dass der Gutshof Plateliai 1807-1808 offiziell an die Familie Choiseul de Gouffier übergeben wurde. 

Der Landkreis Plateliai mit seinen Seen, die im Grün der Wälder versinken, ist wohl eine der schönsten Regionen Litauens. Er ist bei allen Bewohnern von Plungė und bei allen Niederlitauern beliebt, selbst bei denen, die gern die litauische Ostseeküste besuchen. Die Einheimischen mochten die Grafenfamilie Choiseul-Gouffier, die diese Gegend fast 150 Jahre verwaltet hat, nicht und bezeichneten sie unbeschönigt als Gäste. Aber die Tatsache, dass die Besitzer des Gutshofes die französische Staatsangehörigkeit besaßen, hat geholfen, den Gutshof vor dem Abriss zu bewahren, weil er somit in der Zwischenkriegszeit von der Landreform unberührt blieb. Die letzten kinderlosen Vertreter der Familie Choiseul starben vor dem Zweiten Weltkrieg und wurden im Kirchhof von Plateliai beigesetzt. Im Haus der Familie blieben viele wertvolle Kunstwerke und Bücher erhalten.

Die Grafen Choiseul waren mit einigen damals berühmten und einflussreichen Familien aus Litauen und Polen verwandt. Octavius, der älteste Sohn von Augustus Choiseul, war zweimal verheiratet: Seine erste Gemahlin war die Gräfin Potockaitė, die zweite – Sofija Tyzenhauzaitė. Nach dem Tod von Octavius Choiseul wurde Plateliai von Sofija und ihrem Sohn Alexander verwaltet. 

Nach dem Tode ihres Mannes ließen sich Sofija Tyzenhauzaitė und ihr Sohn auf dem Gutshof Plateliai nieder und verwalteten ihn eine Zeit lang. Im 19. Jh. rekonstruierte Sofija das Herrenhaus und errichtete auf dem alten Fundament ein neues Gebäude. Die Verwaltungszeit von Sofia wird als die günstigste Zeit den einfachen Menschen bezeichnet, weil sich Sofia um sie alle gekümmert hat. Später übernahm ihr Sohn Alexander die Verwaltung. Sofija organisierte eine Genehmigung von Zar Alexander II., damit ihr Sohn Plateliai verwalten konnte, ohne die französische Staatsangehörigkeit zu verlieren.   

Die letzten Besitzer von Plateliai waren zwei Kinder des Sohnes von Sofija – die Tochter Maria (in Plateliai beigesetzt) und der Sohn Ludwig (Louis), der 1940 Plateliai verlassen hat und nach Frankreich übersiedelte. Sofijas Sohn Alexander hatte übrigens in der Ehe mit der Gräfin Sofija Čapskyte 4 Kinder, die zwei oben genannte und zwei weitere Söhne – Gabriel und Alexander. 

Plateliai wurden von den Grafen Choiseul bis zum Zweiten Weltkrieg verwaltet. In dieser Zeit wurde Plateliai zum bedeutendsten Zentrum der Kultur, Politik und Wirtschaft in Niederlitauen.

Der Gutshof Plateliai hat mehrere Bauten aus der zweiten Hälfte des 17. Jh. – einen Gemüsekeller, eine Tenne, eine Offizin, einen Pferdestall und einen Speicher. Der Hof ist von einem 6,23 ha großen Park mit drei Naturdenkmälern umgeben. Der Park wurde im 19. Jh. etwas östlicher gelegen in absinkendem Gelände gegründet. Er ist nicht groß, aber mit seinem Relief und seinen Pflanzen spiegelt er die hügelige und pflanzenreiche Landschaft von Plateliai wider. Es ist ein Mischpark, in dem malerische Parkelemente dominieren. Es gibt Alleen, Wanderwege, unregelmäßig gestaltete Wiesen und zwei kleine Teiche. Im Park wachsen überwiegend lokale Baumarten: Eschen, Ahorne, Linden, Weißbuchen, Ebereschen.  

Hier wachsen auch beeindruckende als Naturerbe anerkannte Bäume: die dickste Esche Litauens, der Lindenbaum und die Flatterulme von Plateliai. Unweit der Esche finden sich die Fundamentreste des zentralen hölzernen Herrenhauses. Der Stolz und die Schönheit von Plateliai ist die Hexenesche – die dickste Esche Litauens. Den Messdaten aus dem Jahr 2016 zufolge beläuft sich der Umfang ihres Stammes auf 7,41 m, ihre Höhe beträgt 32 m und sie ist über 200 Jahre alt. 1960 wurde die Hexenesche zum Naturdenkmal erklärt. Es gibt einige Sagen über diesen einzigartigen Baum. In der Vergangenheit hätten Hexen und Teufel die Menschen getäuscht, um ihnen ihre Güter wegzunehmen. Es gab einen Fall, bei dem eine Frau am späten Abend unterwegs nach Hause von Hexen getäuscht wurde. Die Frau dachte, sie hätte sich in einem unbekannten Wald verlaufen, obwohl sie nur im Park war. Als die Frau müde wurde, setzte sie sich neben die Eschen um auszuruhen und schlief ein. Dann entwendete die Hexe der Frau den Brotlaib und wollte gerade hineinbeißen. Plötzlich hörte sie die Hähne krähen und warf das Brot wütend gegen den Baum. So hat sich die Baumknolle der Esche gebildet. Von nun an wurde der Baum Hexenesche genannt.  

Seitdem der Gutshof Plateliai dem Nationalpark Niederlitauen unterstellt ist, stehen den Besuchern Expositionen und Ausstellungen zur Verfügung. 2012 wurden die Scheune und der Pferdestall rekonstruiert und in diesen Räumlichkeiten moderne Exposition eingerichtet. In der Scheune gibt es eine Ausstellung über die Natur, die Geschichte des Gutshofes und die Ethnographie; im historischen „Backstein“-Pferdestall aus dem 19. Jh. befindet sich das erste Karnevalsmuseum in Litauens. Dem volkstümlichen Verständnis nach gilt der Karneval als eine Schwelle zwischen dem sich zurückziehenden Winter und dem kommenden Frühling. Nach seinem Charakter ist das Fest, das früher unter dem Namen „Ragutis“ bekannt war, ein Karneval, bei dem Masken und verkleideten Menschen die Hauptrolle spielen. Für die Produktion der Masken werden Baumrinde, Schafspelz, Papier oder Karton verwendet. Man verkleidet sich ungewöhnlich, anders als sonst und wählt einen bestimmten Charakter zur Nachahmung aus. Die Verkleidetet besuchen eine Stube nach der anderen, scherzen und singen. Die richtigen Karnevalsmasken, die in Niederlitauen Lėčynos genannt werden, kann man im Museum besichtigen. Den Besuchern werden auch theatralisierte Vorstellungen geboten.   

Im ehemaligen Gemüsekeller des Gutshofes wurde nach der Rekonstruktion ein Zentrum der traditionellen Handwerke eröffnet. Seine Funktion ist es, verschiedene historische Handwerke bekannt zu machen, ethnokulturelle Bräuche und Zeremonien zu verbreiten, Besucher mit dem kulinarischen Erbe Niederlitauens vertraut zu machen.