Einst beschloss der große litauische Fürst Gediminas, der in der damaligen Hauptstadt Kernavė wohnte, zur Jagd in einen Wald am anderen Ufer der Neris auszureiten. Inmitten von Eichen erblickte er einen schönen Hügel, der sich über die Ebenen erhob. Der Fürst war von diesem wunderschönen Ort bezaubert und beschloss, dort eine Burg zu errichten, in der sein Sohn, der Fürst Vytautas, geboren wurde. So entstand zu Beginn des 14. Jahrhunderts die Burg und unweit von ihr entwickelte sich die Stadt, die heute Alt-Trakai genannt wird.

Beschreibung

Laut Archäologen haben in dieser Gegend seit uralten Zeiten Menschen gelebt. Noch im 1. Jahrtausend v.Chr. befand sich neben dem kleinen See, der heute zum Sumpf geworden ist, eine große Siedlung. Es wird angenommen, dass die Burg von Alt-Trakai eine der ältesten Steinburgen Litauens ist. Sie wurde an einem strategischen, besonders bequemen Ort errichtet. Von allen Seiten war sie von einem mit 35-40 m breiten, bis zu 8 m tiefen mit Wasser gefüllten Graben umgeben und wurde von einer 10 m hohen Verteidigungsmauer aus Feldsteinen geschützt. Die Burg war mit einem Boot erreichbar, später wurde eine Zugbrücke gebaut. Um 1350 kam in der Familie des Fürsten Kęstutis von Trakai und seiner Gemahlin Birutė in dieser Burg eine der künftig berühmtesten Persönlichkeiten der litauischen Geschichte zur Welt. Während der Regentschaft des Großfürsten Vytautas dehnte sich das Großfürstentum Litauen von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer UA. Während der Kriege gegen die Kreuzritter wurde die Burg mehrmals angegriffen und beschädigt. Schicksalhaft war ein Angriff der Kreuzritter im Jahre 1391, nach dem die Burg nicht wiederaufgebaut wurde. Es sei angemerkt, dass Alt-Trakai 1316-1323 die Hauptstadt des Großfürstentums Litauen war. Es wird vermutet, dass Birutė, die Mutter von Vytautas, nach dem Tod ihres Gemahls Kęstutis hier wohnte.

Die Burg Alt-Trakai befand sich auf einem kleinen Hügel und war von einem tiefen Graben umgeben. Sie war Zeuge der Kämpfe gegen die Kreuzritter, heutzutage jedoch erinnern an sie nur noch eine Gebetsäule und ein an ihrem Platz errichtetes Ensemble einer neugotischen Kirche und eines umgebauten Klosters (18.-19. Jh.). Die Hänge des Hügels zieren die mehr als ein Jahrhundert gewachsenen Linden des Klostergartens. Neben der ehemaligen Burgstätte befindet sich das Dorf Alt-Trakai, dem der Status eines architektonischen Schutzgebiets zuteilwurde.  

Während archäologischer Forschungen hat man festgestellt, dass die Burg an einem nicht bewohnten Ort gebaut wurde. Die Mauern weist eine Schildkonstruktion auf, bestehen aus gut gebrannten 30 cm langen, 15-16 cm breiten und 7-8 cm dicken Tonziegeln, die von außen untereinander auf baltische Weise verbunden sind. Die Dächer waren mit Klosterziegeln gedeckt. 

Wie aus den Chroniken hervorgeht, war Vytautas nicht besonders hochgewachsen, hatte energievolle Gesichtszüge. Er strahlte Selbstvertrauen, Energie, Lebendigkeit, Mut, Risikobereitschaft und Selbstachtung aus. Bemerkenswert war seine Orientierung und Verständnis: Er war fähig, mehrere Probleme gleichzeitig zu lösen. Seine Aufrichtigkeit und sein Streben nach Gerechtigkeit wurde mit Respekt entgegengenommen – sowohl von seinen Anhängern, als auch von Fremden. Seine Freizeit verbrachte er mit Jagen oder Schachspielen. Er pflegte gute Beziehungen zu den Kaufleuten, mit deren Unterstützung er zu großem Vermögen gelangt ist: Gold, Silber, Edelsteine, Stoffe, Pelze und ähnliche Schätze, die er später an andere verteilte und damit seine Großzügigkeit demonstrierte. Der Erhabenheit und der Weitsicht seines Verstandes nach übertraf er alle Herrscher seiner Zeit. Seit seiner Jugend begeisterte er sich für das Militär und für Waffen. Neue Erfindungen auf diesem Gebiet waren für ihn von besonderem Interesse.   

Er beherrschte Deutsch und Latein. Vielleicht sprach er auch Russisch, denn mit den russischen Fürsten hatte er viele gemeinsame Interessen. Dasselbe gilt für Tatarisch, weil er mehrmals auf Tatarisch geschriebene Briefe aus dem Landgut verschickte. Er schätzte alle Wissenschaften in so weit, als sie in derPraxis angewandt werden konnten.    

Als Vytautas der Große um 1405 nach Neu-Trakai umzog, siedelte er in seiner Heimat die aus Tyniec (in der Nähe von Krakau) eingeladenen Benediktiner an. Er errichtete eine Holzkirche, überließ den Mönchen Land und zwei Seen. Auf diese Weise wurde in Litauen eines der ersten Klostern gegründet. 1577 wurde die Kirche umgebaut und das Kloster errichtet. Die nach dem Brand von 1757 erbaute Holzkirche ist nicht erhalten geblieben. Im 18. Jh. entstand das aus dem Backstein erbaute Klostergebäude, das 1845, nachdem man das Kloster schloss, dem Pfarrerhaus zugeordnet wurde. Die Mönche wurden nach Njaswisch umgesiedelt. 1898-1899 wurde ein Teil des alten Klosters nach dem Entwurf von A. Mikulskis in eine neugotische Kirche umgebaut. Heute wachsen am alten Burgplatz die 200 Jahre alten Linden des Klostergartens. Auf dem alten Burgplatz steht das an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert errichtete Ensemble des Klosters und der neugotischen Kirche, daneben liegt das Dorf Alt-Trakai. 

Die Benediktinermönche waren in Litauen kulturell nicht besonders aktiv. Sie führten ein kontemplatives Mönchsleben, dienten der Gemeinde und führten ein Apostelleben in den ihnen zugeteilten Ortschaften. Es gibt wenig Information über ihre Bildungsaktivitäten. Nur Anfang des 19. Jh. spricht man von einer Grundschule in der Abtei von Alt-Trakai. 

Heute sind von der alten Abtei in Alt-Trakai nur einige Fragmente erhalten, es lohnt sich aber, sich an die Klosterbauten auf dem Burghügel, die auf die Zeiten des Großfürstentums Litauen zurückreichen, und die neugotische Kirche, die nach dem Entwurf des Architekten Apolinar Mikulski Ende des 19. Jh. gebaut wurde, zu besichtigen. Die Altäre der Kirche haben die Ikonographie des benediktinischen Stils beibehalten: Den großen Altar des Gekreuzigten zieren an den Seiten die Skulpturen des Hl. Augustinus und des Hl. Benediktinus, die Seitenaltäre wurden zu Ehren des Hl. Benediktus und der Hl. Scholastika errichtet.  

Diejenigen, die mehr vom Geburtsort des Litauischen Fürsten Vytautas erfahren möchten, können sich an die Nonnen wenden. Ein Besuch im Kloster von Alt-Trakai muss im Voraus mit der für die Gästebetreuung zuständigen Schwester abzustimmen. Dabei ist zu bedenken, dass Montag ein Wüstentag ist.

Heute, einige Jahrhunderte später, sind die wichtigsten Ereignisse aus dem Leben von Vytautas dem Großen in neun Gebetssäulen entlang der Route von Trakai nach Alt-Trakai verewigt. 

In der ersten Gebetssäule ist der Hl. Georg dargestellt. Auf einer anderen Gebetssäule ist Vytautas der Große, der Erbauer von Burgen und Kirchen, abgebildet und in der Kapelle des Hl. Kasimir verewigt. Für die Ansiedlung der Benediktiner in Alt-Trakai gibt es eine dem Hl. Benedikt gewidmete Gebetsäule. Das Symbol für die Ankunft der Karäer in Litauen ist ein auf einem Pferd reitendes Paar. Nicht zufällig hält die Frau einen Korb mit Gurken und erinnert so daran, dass es die Karäer waren, die dieses Gemüse und die Traditionen von dessen Anbau von der weit entfernten Krim mitbrachten. Die historische ägyptische Prinzessin – die Schutzpatronin der Studenten, die Hl. Katharina von Alexandrien – würdigt die Anstrengungen von Vytautas, die Jugend zum Studium nach Westeuropa zu entsenden, darunter den ersten litauischen Studenten Mykolas aus Alt-Trakai an die Universität von Krakau. Am Ortseingang von Alt-Trakai steht eine Skulptur zu Ehren von Birutė und Kęstutis. In den Händen halten sie die Krone, die Vytautas der Große nie erhalten hatte. Die Gebetsäule „Schmerzerfüllte Pieta“ verewigt den heroischen Tod von Kęstutis auf der Burg von Kreva. Am Burgplatz von Alt-Trakai selbst steht die Skulptur der Hl. Maria mit dem Kind, welche die Mutterschaft und die Heimatverbundenheit symbolisiert. Die letzte Skulptur ist der sitzende und in die Ferne blickende Fürst Vytautas, der in einer Hand ein Schwert und in der anderen das Staatssymbol Litauens – den „Vytis“ – hält.