Eine der ältesten Kirchen Litauens ist die Kirche der Hl. Apostel Peter und Paul in Plateliai. Die Kirche im Städtchen Plateliai mit etwas mehr als 1000 Einwohnern hat eine so besondere Geschichte, von der die Kirchen der Großstädte nur träumen können. Diese kleine Kirche hat viele Herausforderungen überstanden, die sie auf ihrem schweren Überlebensweg erwarteten: Sie trotzte dem Krieg und erhob sich nach einem furchtbaren Feuer, das die Holzkirche in einem Augenblick vernichtete, zu neuem Glanz.

Beschreibung

Die Geschichte der Verbreitung des katholischen Glaubens in Litauen zeugt davon, dass die ersten katholischen Gemeinden auf Initiative der Herrscher des Großfürstentums Litauen Ende des 14. Jh. entstanden sind. Privatpersonen setzten später diese Tätigkeit fort – die Adligen, die den Bau der Kirchen finanzierten, haben ihnen auch Vorteile gewährt. Im 16. Jh. sind auf Initiative der Adeligen besonders viele Kirchen entstanden. Da das Christentum in Niederlitauen später angenommen wurde, wurden die ersten Gemeinden erst im 15. Jh. gegründet. Die Gemeinden waren weit voneinander entfernt. Erst Anfang des 16. Jh. begann der Adel, die Entwicklung zu fördern, und das Netz der Gemeinden erweiterte sich.      

Die Umgebung von Plateliai ist von seltener Schönheit. Fährt man am See Plateliai in Richtung der Mühlen entlang, bemerkt man an der Straße eine ganze Menge kleiner Kapellen, in denen meistens Christus im Gefängniss dargestellt ist. Die Kapellen sind unterschiedlich. In einer ist die Kirche mit zwei Türmen abgebildet, eine andere hat ein eisernes Kreuz, die nächste ein Holzkreuz. 

In der sakralen Umgebung von Plateliai wurde die erste Kirche im 16. Jh. erbaut. 1523 überschrieb der Sohn des Ältesten von Niederlitauen, Jonavičius (Kęsgaila), einen Teil seines Besitzes der Kirche. Jokūbas Laskauskis ließ in Plateliai eine Holzkirche bauen, die von Sigismund Augustus 1564 genehmigt wurde. Während der Reformation nach 1567 wurde die Kirche von Plateliai, wie auch die anderen Kirchen, geschlossen und vernachlässigt. Dank der Finanzierung durch Jeronimas Valavičius wurde 1598-1608 eine neue (die dritte) Kirche in Plateliai gebaut.   

Die Kirche der Hl. Apostel Peter und Paul ist die vierte und bis heute erhaltene Kirche in Plateliai. Der Priester Juozapas Vaitkevičius hat sie 1744 gemeinsam mit den Menschen aus der Gemeinde errichtet. In unmittelbarer Nähe wurden Pfarrhaus und Krankenhaus erbaut, und 1746 wurde eine Zweigstelle der Kirche von Plateliai in Beržoras gegründet. 1777 kümmerte sich derselbe Priester darum, die Kirche umzubauen. Der Priester, der fast sein ganzes Leben lang in Plateliai diente, wurde in einer Krypta der Kirche, die sich unter dem Seitenaltar des Hl. Joseph befindet, beigesetzt. 

Die Kirche der Hl. Apostel Peter und Paul ist aus behauenen Holzbalken gebaut und hat eine einzigartige Form sowie ein authentisches Äußeres. Ungeachtet der häufigen Renovierungen und Reparaturen hat die Kirche ihr ursprüngliches Aussehen erhalten. Um sich das besser vorstellen zu können, muss man wissen, dass die heutige Kirche äußerlich identisch mit jener aus dem18. Jh. ist. Die historische Kirche wurde von Stanislovas Kęsgaila, einem Adeligen des Großfürstentums Litauen gebaut.

Das Gebäude der Kirche hat die Form eines lateinischen Kreuzes. Das Äußere wird von einem hohen Walmdach dominiert, das an den Ecken und in der Mitte von kleinen Türmen mit Kreuzen geziert ist. Die Außenformen sind bescheiden – feine Wände mit vertikaler Vertäfelung und große rechteckige Fenster mit Fensterkreuz, umgeben von einer dicken Mauer mit drei Toren. Im Kirchhof sind die Kinder der Gutsherren von Plateliai beerdigt: Gräfin Maria Choiseul und ihr Bruder Gabriel. In der Vorderecke des Kirchhofes befindet sich ein Glockenturm aus Holz mit zwei Glocken aus unterschiedlichen Zeiten – von 1648 und 1928. Früher gab es hier zwei weitere Glocken, die von den Deutschen während des Zweiten Weltkrieges beschlagnahmt wurden. Es ist bekannt, dass die Glocken eingeschmolzen und zur Produktion von Munitionshülsen gebraucht wurden. Eine Glocke ist ein durch die Inspiration Gottes geborenes Instrument, das mit seinen edlen Tönen Himmel und Erde verbindet. Die Glockentöne verleihen der sakralen Zeit Ausdruck, die unsere Gedanken von der Alltäglichkeit zur Ewigkeit lenkt. Legenden zufolge, wurde die erste Bronzeglocke, die mit der Form die Wiesenblume nachgeahmt hat, überhaupt um das Jahr 410 von Bischof Pontius Meropius Paulinus gegossen. Der Bischof wohnte in der norditalienischen Provinz Campana, im Städtchen Nola. Seit dieser Zeit nennt man die großen Glocken Campana, und die kleinen Signalglocken Nola. Unter diesen Bezeichnungen sind die Glocken auch im Kirchinventar eingetragen.

Das Äußere der Kirche wirkt bescheiden und steht im totalen Gegensatz zum Interieur. Auch wenn die Kirche klein und gemütlich ist und es nicht selten geschieht, dass die Einheimischen und Gäste keinen Platz darin finden, hat sie eine besondere heilige Ausstrahlung. Der große Altar und die vier Seitenaltäre in barocker Komposition zieren den Innenraum der Kirche von Plateliai. Denselben ästhetischen Zweck erfüllen auch die Säulen, Gemälde mit Silberrahmen und Schnitzereien. Im 18. Jh. wurden alle Altäre weiß gestrichen und vergoldet. Die Kanzel wurde auch erneuert, mit prachtvollen Reliefornamenten im Rokoko-Stil dekoriert und erhielt einen mit einer Krone gezierten Baldachin.  

An den Altären der Kirche hängen Gemälde mit versilberten Motiven, die der Kirche Elemente der Pracht verleihen. In der Kapelle links steht ein Taufbecken im Stil des Rokoko mit Abdeckung, in dem Taufwasser und Tauföle aufbewahrt werden. Das Taufbecken stammt aus demselben Jahr wie die Kirche. Die an den Wänden aufgehängten Gemälde der Heiligen mit ihren prächtigen Rahmen deuten davon, dass die Kirche in der Vergangenheit reich war. In der Kirche finden sich viele alte Gemälde, liturgische Kleidungsstücke, die aus dem 17.-18. Jh. stammen, und andere Utensilien, wie ein Metallkelch, drei Obergewänder des Priesters aus der Mitte des 19. Jh., die während der Messen getragen werden, ein Prozessionskreuz aus dem 19. Jh. mit der Skulptur des Gekreuzigten. Eine Augenweide sind die von ausländischen und lokalen Künstlern geschaffenen Gemälde, auf denen die Hl. Familie, der Hl. Erzengel Michael und die Hl. Barbara, die Heimsuchung der Hl. Jungfrau Maria, der Hl. Antonius von Padua sowie die Hl. Petrus und Paulus (Peter und Paul) dargestellt sind.  

Am Ende des Kirchenschiffes befindet sich ein Orgelchor mit einer zierlichen Arkade oben und archaischen Sängerlogen unten. Im 17. Jh. standen in diesem Chor eine Orgel mit zehn Registern, eine große Trommel und laute Glöckchen. Die heutige Orgel steht dort schon seit über einhundert Jahren. Der Orgelmeister Jonas Garalevičius baute 1909 in der Kirche eine neue Orgel, die auch heute noch gespielt wird. Ihr Klang eignet sich perfekt für die Liturgie, außerdem ist er in einem Großteil der Umgebung von Plateliai zu hören.     

Die Kirche ist sonntags während der Messe für Besucher geöffnet. Für diejenigen, die zu einem anderen Zeitpunkt hinein möchten – die Tür wird durch von der „Pročkelė“ aufgeschlossen. Der Ursprung dieses Wortes ist polnisch (vom Wort „praczka“) und bedeutet „Wäscherin“.