Die Universität Vilnius ist die größte und älteste Universität Litauens. Sie ist eine der wichtigsten Bildungseinrichtungen in Litauen, die bereits seit über 400 Jahren in Betrieb ist.

Beschreibung

Der historische Komplex der Universität Vilnius nimmt ein ganzes Viertel der Vilniusser Altstadt ein und grenzt an die Universiteto, Šv. Jono, Pilies und Skapo Straße. Die Universität wurde 1579 gegründet, als die Ideen der Renaissance, der Reformation und der katholischen Reformen vorherrschend waren.

Das architektonische Meisterwerk besteht aus zwölf Bauten im Stil der Gotik, der Renaissance, des Barocks, des Klassizismus, der St. Johanniskirche und dem Glockenturm. All diese Bauten deuten von der reichen Geschichte der Universität, da sie nicht zur gleichen Zeit sondern nacheinander gebaut wurden, und deshalb die jeweiligen vorherrschenden architektonischen Stile widerspiegeln. Neben den Gebäuden sind auch die 13 Höfe der Universität von Bedeutung. Sie haben verschiedene Größe und unterschiedliche Funktion. Jeder Hof hat einen eigenen Namen, eine eigene Umgebung und vor allem eine eigene Geschichte.

Zu den beeindruckendsten Orten des Universitätskomplexes gehören der Hof des Observatoriums und die Universitätsaula, die beispielhaft für den Klassizismus sind. Der Hof des Observatoriums stammt aus dem Ende des 16. Jh. und ist der älteste aller Höfe. 

Der Klassizismus entstammt der neoklassizistischen Bewegung der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als Barock- und Rokoko an Einfluss verloren. Das klassizistische Observatorium ist mit Sternzeichen und lateinischen Sentenzen dekoriert, besitzt eine für den Klassizismus typische architektonische Symmetrie mit Säulen und großen Fenstern. In der Aula finden sich auch weitere Elemente des Klassizismus: hohe, glatte Säulen, ein geräumiger und heller Saal, der weiß gestrichen ist und eine flache Decke hat. Es ist der älteste Hof des Universitätsensembles.  

Die Wände der unteren Stockwerke stammen aus dem 15. Jh. Der Innenhof bildete sich im 16. Jh. heraus, als die Räumlichkeiten des Kollegiums gebaut wurden. Damals wurde der Innenhof als Hof des Kollegiums bezeichnet. Seine heutige Form erhielt er Anfang des 17. Jh. Der Ost- und Westflügel hatten verglaste Bogengalerien auf allen drei Stockwerken, die in der zweiten Hälfte des 19. Jh. zugemauert wurden. Im 17.-18. Jh. wurden im Hof Heilkräuter gezüchtet, und im Südflügel gab es eine Apotheke. Ende des 18. Jh. kamen die Kanzlei und das Archiv der Bildungskommission Litauens hinzu. Das alte astronomische Observatorium mit seinem Nebengebäude im klassizistischen Stil dominieren den Hof. Das Nebengebäude besitzt zwei schmale Türme, die für astronomische Beobachtungen bestimmt sind, und eine feste Sandsteinwand zur Sicherung des Meridianquadranten. An der westlichen Wand des Gebäudes gibt es eine Gedenktafel, die dem Astronomen und Universitätsrektor Martynas Počobutas (Marcin Odlanicki Poczobutt) gewidmet ist.

Hinter dem Südflügel des Observatoriumshofes befindet sich der kleine, schmaler Druckereihof. Der Hof trägt den Namen der ersten Druckerei, die 1575 vom Fürsten Mikołaj Krzysztof Radziwiłł der Universität zum Geschenk gemacht wurde. Im östlichen Teil dieses Hofes gab es eine Druckerei der Akademie, und im westlichen – eine Apotheke.

Der Bibliothekshof entstand Ende des 16 Jh. und ist einer der ältesten. Im 17.–18. Jh. war es ein geschlossener zu wirtschaftszwecken gebrauchter Hof. Ganz hinten im Hof erkennt man die monumentale Fassade der dreistöckigen Universitätsbibliothek.

Durch das Eisentor vom Anfang des 20. Jh. führt der Bibliothekshof in den geräumigen Motiejus-Kazimieras-Sarbievijus-Hof. Über dem Tor am Westflügel befindet sich eine Gedenktafel aus weißem Marmor, die dem Dichter gewidmet ist. Der Südflügel des Hofes hat massives zweistöckiges Strebewerk mit Nischen und einen Durchgang mit einer nach oben verlaufenden Granittreppe, die diesen Hof mit dem Großen Hof verbindet. Über dem Durchgang hängt eine Glocke, die dem 100jährigen Jubiläum der Zeitschrift „Varpas“ (dt. Glocke) gewidmet ist, deren Redakteur Vincas Kudirka gewesen ist.  

Der erste Hof, der über einen schmalen Durchgang vom M.K.-Sarbievijus-Hof zugänglich ist, ist nach dem Universitätsabsolventen und Historiker Simonas Daukantas benannt. In der Mitte des Hofes wächst eine Eiche, die vom Geburtsort von Simonas Daukantas herbeigeschafft und zum Anlass des 400-jährigen Jubiläums der Universität eingepflanzt wurde. Die Aufschrift „Domus Philologiae“ verkündet, dass hier die Philologen studieren. An der Nordwand hängt das vom Bildhauer Romanas Kazlauskas geschaffene Hochrelief von S. Daukantas.

Der Mikalojus-Daukša-Hof ist nach dem Herausgeber des ersten litauischen Buches, das Ende des 16. Jh. in Vilnius veröffentlicht wurde, benannt. Der Hof entstand in der Mitte des 18. Jh. Im 17. Jh. wurde das Südgebäude errichtet, und etwa in der Mitte des 18. Jh. entstanden das zweistöckige Westgebäude und die einstöckigen Nord- und Ostgebäude. 1803 wurden Süd- und Westgebäude durch ein drittes Stockwerk ergänzt. Man nannte diesen Hof früher Brennholz- oder Schwarzhof. 

Der Große-Hof wurde im 16.–17. Jh. Hof der Akademie und später P.-Skarga-Hof genannt. Ihn bilden Bauten aus verschiedenen Epochen, die von der barocken Stilistik zu einem dynamischen Raum vereinigt werden. Die Nord- und Westbauten gehören zu den ältesten. Das wertvollste an der architektonischen Komposition ist ein authentisches Kellerfragment im Stil der Renaissance. Da dieser Hof den Philologen gehört, werden die Korridore von den Werken talentierter litauischer Künstler geziert. Letztendlich galt der Große-Hof immer als der wichtigste Platz der Universität. Er eint die sakrale, akademische und repräsentative Funktion der Universität. Der Hof ist von Gebäuden der Renaissance umgeben, an der Wand hängt eine authentische Marmortafel. Das Fundament der St. Johanniskirche wurde bereits im 14. Jh. gelegt. Die Kirche trägt gotische, barocke und klassizistische Züge. Der Glockenturm der Kirche entstand im 17. Jh., und die Orgel mit 64 Registern, in der Renaissance und Spätbarock verschmelzen, ist die größte in ganz Litauen. 

Ein geschlossener Hof mit ausgezeichneter Akustik ist zu Ehren des Universitätsprofessors Laurynas Gucevičius benannt. In den Gebäuden am Hof hatte die litauische Artillerie-Kadettenschule, in der L. Stuoka-Gucevičius Mathematik, Topographie und Fortifikation unterrichtet hat, ihren Sitz. An der Wand des Nordgebäudes hängt eine ihm gewidmete Gedenktafel, die vom Bildhauer Konstantinas Bogdanas geschaffen wurde.

Zwischen der St. Johanniskirche und dem Nordfügel des Großen Hofes gibt es einen schmalen Durchgang in den kleinen K.-Sirvydas-Hof. Ursprünglich war er ein Teil des Kirchhofs. Im östlichen Teil befindet sich das zweistöckige Gebäude der Sakristei. 

Ein gemütlicher und ein wenig abseits gelegener Hof wurde zum Gedenken an Simonas Stanevičius benannt, der an dieser Universität studierte, an der samogitischen Bewegung teilnahm und gleichzeitig als Dichter und Folklorist bekannt war. In Archivdokumenten wird erwähnt, dass Ende des 16. Jh. – Anfang des 17. Jh. an der Pilies-Straße ein zweistöckiges Wohnhaus entstand. 1672 wurde es von der vom Vilniusser Kanoniker Ambraziejus Beinartas gegründeten Burse übernommen.

Der kleine gemütliche Arkadenhof entstand im 19. Jh., nachdem zwei Häuser in der Skapo-Straße verbunden und 1815 der Universität zugeteilt wurden. In den Gebäuden, die den Hof umschließen, befinden sich derzeit das Institut für Fremdsprachen, Lehrstühle der philologischen Fakultät und Studienräume des Orientalistikzentrums.